Montag, Oktober 16, 2006

 

Lima revisited - die spinnen, die Peruaner oder "Wie haelst du´s mit der Religion?"

Ich habe tatsaechlich grad Zeit, wie man merkt und war heute nochmal in Lima Sightseeing machen. Der Hammer. Zunaechst ist mir aufgefallen, dass einige Taxis tatsaechlich ne Hupe haben, die Frauen hinterherpfeift. Wie konnte mir das bisher entgehen?? Ich kam mir im Zentrum tatsaechlich manchmal vor, wie ein bunter Hund und ich bin es echt nicht gewoehnt, von serioes aussehenden Polizisten angebaggert zu werden. Sehr seltsam...
Aber zu meinem Stadtausflug: erstmal war ich in der Kirche Santa Rosa, die mir von Anfang an sympathisch war, die ist naemlich rot. Santa Rosa ist die Stadtheilige von Lima, eine Nonne aus dem 16ten Jahrhundert, die pro Nacht nur 2 Stunden geschlafen hat und zwar auf 2 Brettern mit Steinen als Kissen. Um sich wachzuhalten, hat sie ihre Haare an einen Nagel an der Wand gebunden (damit der Kopf aufrecht bleibt...). Hauptsaechlich sass sie wohl in einem winzigen Raum (den sie mit ihren eigenen Haenden aus Stein gebaut hat) und hatte Visionen von Jesus... Na ja, haette ich wohl auch, wenn ich mich regelmaessig an nem Nagel aufhaengen wuerde... Es gab auf jeden Fall relativ viele fanatische Katholiken da, die mich als Touristin boese angeguckt haben und lange Briefe an die gute Rosa geschrieben haben (das Papier und die passendnen Plastikrosenkraenze konnte man an der Tuer kaufen) und in einen Brunnen geworfen. Ich dachte: komisch, die Katholiken, aber nun gut.
Kaum war ich wieder auf der Strasse, fiel mir auf, dass jeder Laden Kerzen und Heiligenbilder verkaufte: die passenden Utensilien fuer jede echte Beichte.. Aber wirklich sowas von kitschig! Die Kroenung war dann, dass die meisten Laeden (wie man evtl. auf dem Foto erkennen kann) auch Kartenlesen anbieten... Na ja, ne gesunde Mischung aus Religion und Aberglauben. Ich dachte, schlimmer kann es nicht kommen, aber der Tag war ja noch lang.
Als naechstes habe ich versucht, die Kirche Las Nazarenas zu besuchen... Da ging der Trubel richtig los. Darin gibt es naemlich das Altarbild "Señor de los Milagros" (Der Herr der Wunder), das von einem befreiten Sklaven gemalt wurde und im 17ten Jahrhundert, als die ganze Kirche bei einem Erdbeben zusammenbrach, als einziges stehenblieb. Ein Wunder!!! Seitdem gibt es im Oktober 3mal eine Prozession durch Lima, bei der das Altarbild auf einer tonnenschweren Silbersaenfte durch die Strassen geschleppt wird und die Menschen pilgern anscheinend den ganzen Oktober durch zu der Kirche. Es war wirklich die Hoelle los. Traditionell werden dazu lila Moenchskutten mit passender Kordel getragen, die man superguenstig in den Geschaeften vor der Kirche erwerben kann. Wie auch den lila Schlips, das obligatorische Heiligenbildchen oder sonstigen Nippes. Ach ja, und den tradtionellen supersuessen Kuchen mit Karamel und jeder Menge Streuseln, kann man im 5kg Sack fuer all seine Lieben mit nach Hause nehmen. Ich hatte das Glueck, zwischen 2 Messen bei der Kirche anzukommen und hab mich aber nur soweit getraut, bis ich dieses Foto machen konnte. Unten rechts in der Ecke das besagte Altarbild, ich dachte, weiter vorne koennte ich evtl. von Glaeubigen ueberrannt werden. Kennt irgendwie die Geschichte, wie Jesus die Verkaeufer aus dem Tempel verjagt? Tja, in der Kirche haette er mehr zu tun gehabt! Wie Ablasshandel, nur jetzt kauft man fuer das Seelenheil lila Kutten statt ein Stueck Papier. Sehen auch besser aus...
Danach hat mich der Dollarwechsler gefragt, ob ich ihn heiraten wuerde, er haette auch 20000$ auf der Bank, ob man damit in Deutschland nicht was machen koennte (ein Auto kaufen hab ich gesagt, da war er etwas enttaeuscht) und dann war ich im Konvent San Francisco.
Ein Kloster halt, erdbebensichere Kirche (das Dach wurde aus Marmor und Bambus gebaut, damit es flexibel ist), bisschen nicht so interessante Kunst und dann ging es runter in die Katakomben. Bis 1808 wurden die Limeños naemlich unter der Basilika da begraben, ungefaehr 25000. Seit 1950 koennen Touristen die Katakomben besuchen. Eigentlich gibt es da nicht viel zu sehen und das haben sich die Leute, die da aufgeraeumt haben auch gedacht, also haben sie die Knochen feinsaeuberlich sortiert. Erst gab es so 4 Meter tiefe Gruben, wo die Leichen frueher halt aufeinandergeschichtet wurden, die heute aber gut sortiert sind nach Unterarmknochen, Oberschenkelhalsknochen und es steigert sich bis zu Schaedeln. So findet man ja auch viel schneller, was man braucht... Am Ende kamen wir zu einem 10 Meter tiefen Rundgrab (wie ein breiter Brunnen) und da hat sich jemand besonders viel Muehe gegeben und aus den Knochen Muster gelegt: Schaedel in der Mitte, grosse Knochen (denke mal Bein) strahlenfoermig drum rum, wieder ein Ring aus Schaedeln... Sag mal, geht es noch? Ich hab mir ueberlegt, dass ich glaube ich lieber verbrannt werden moechte. Wer will denn wirklich als Muster in einer Touristenattraktion enden???
Und so komme ich an meinem letzten Tag in Peru nach 2,5 Monaten Aufenthalt zu dem Schluss, dass ich dieses Land zwar wirklich gerne mag und die Peruaner wirklich mit das freundlichste Volk der Erde sind (wenn man Spanisch spricht), dass sie aber nichtsdestoweniger auch einen ausgepraegten Sinn fuer´s Groteske und einen gehoerigen Sockenschuss haben :-) Und damit also auf nach Equador!

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