Sonntag, September 24, 2006

 

Trujillo und Arequipa

Dann haben wir also wirklich das letzte bisschen Wildnis hinter uns gelassen und sind nach Trujillo an die Kueste gefahren. Das ist eine nette kleine Kolonialstadt, wo an allen Ecken und Enden kleine Kuechlein verkauft werden und so Bonbons, die schmecken wie das Innere vom Snickers. Da es hier ja nichts wie soziale Sicherungssysteme und aehnliches gibt, sind die Peruaner extrem geschaeftstuechtig. Wenn man bedenkt, dass 30% der Bevoelkerung "extrem arm" sind (wie auch immer das definiert wird), gibt es hier wirklich wenige Bettler, sondern die Leute halten sich halt irgendwie anders ueber Wasser. Fabian und mir war die Stadt auf jeden Fall von Anfang an sympathisch und den ersten Tag haben wir erstmal vertroedelt. Im Hostel hab ich mich mit zwei deutschen Maedels festgequatscht (Fabian ist pennen gegangen, weil die nach 2 Minuten nen Kommentar ueber seinen Dialekt gebracht haben, da war er empfindlich), gegen Mittag haben wir uns auf die Suche nach einem Internetcafe begeben und dann den ganzen Nachmittag mehr oder weniger mit unseren jeweiligen Partnern telefoniert bzw. gechattet. Schliesslich musste man ausnutzen, dass man wieder in der Zivilisation war. Dann haben wir noch Bustickets organisiert, haben uns das Staedtchen ein wenig angeguckt und waren in einem Klasse vegetarischen Restaurant. Haben einfach auch beide gemerkt, dass wir noch etwas durchhingen, die Wanderung und Busfahrt haben uns echt geschafft. Ich hab dann um 22 Uhr auch geschlafen wie ein Baby.
Am naechsten Tag war dafuer Hardcore-Sightseeing angesagt. Wir haben uns die Ruinen von Chan Chan und einige andere Tempel angeguckt (natuerlich erst nach einem ausgiebigen Fruehstueck). In Peru gibt es ja sehr viele Pre-Inca-Kulturen, ueber die man allerdings nur sehr wenig weiss, da die Incas alles erobert haben und daher viele Staedte usw. verlassen wurden. Und so liegen diese ganzen Ruinen irgendwo im Dschungel oder halt im Wuestensand der Kueste Perus und werden langsam aber sicher ausgegraben. Ein archaeologisches Paradies. Leider interessieren mich Ruinen normalerweise fast ueberhaupt gar nicht, aber dieser Tempel war dann echt mal gut, weil es vernuenftige Erklaerungen gab und jede Menge Infos, so dass man sich in etwa vorstellen konnte, wie das denn so damals war. Sie hatten sogar kleine Modelle gebaut, wie das frueher mal ausgesehen hat. Und ausserdem waren es nicht nur einfach langweilige Ruinen, sondern es gab jede Menge Verzierungen, die denn auch sehr wie abstrakte Kunst oder sowas aussahen...
Schon alles ganz beeindruckend, auch wenn man natuerlich im Auge behalten muss, dass diese Kultur von 850-1400 n.Chr. (ganz grob) bestand. Also zur besten Mittelalterzeit. Auf mich machen solche Bauwerke usw. nicht mehr so den Rieseneindruck, wenn ich daran denke, wie in Europa die Burgen aussehen und was fuer Handwerkskunst aus der Zeit z.B. im gruenen Gewoelbe rumliegt... Aber das Design ist unschlagbar.
Na ja, bei aller Begeisterung (selbst vom Kulturbanausen Fabian) hatten wir nach 3 Stunden in der Hitze durch die Wueste laufen die Nase ziemlich voll und haben Ruinen Ruinen sein lassen und sind an den Strand gefahren. Nach Huanchaco, ein kleines Fischerdorf, das vor allem fuer seine mit Schilfbooten auf Wellen surfenden Fischer bekannt ist. Fabian wollte eigentlich unbedingt einmal in so einem Boot eine Welle mitnehmen, aber es war dann doch ziemlich kalt und irgendwie lag es sich am Strand auch so gut. Ich hab das echt genossen, war ja schon ewig nicht mehr am Strand (das klingt echt gemein, ist aber wirklich schon 3 Monate her...).
Wir wollten gerne einige tolle Sonnenuntergangsfotos machen und haben uns dann aufgerafft und haben solche aufgestellten Fischerboote gesucht, um das perfekte Foto zu bekommen. Tja, und dann war der Sonnenuntergang absolut unspektakulaer, weil die Sonne einfach hinter einem Schleier verschwunden ist: dieser doofe Humboldt-Strom! Der sorgt dafuer, dass es immer ueberall nebelig ist. Na ja, wir waren dann richtig nett essen (fuer so 7 Euro, also der Luxus pur...) und mussten dann ja auch bald mal wieder zum Bus... Irgendwie gewoehnt man sich an diese Nachtbusse auch nicht richtig...

Ich war jedenfalls froh als ich am Freitag Morgen wieder in Lima war. Wieder einmal erstmal duschen und waschen und sowas (wobei ich wohl die Waschmaschine kaputt gemacht hab, gestorben an Ueberlastung), nachmittags dann meine Stiefel abgeholt (voll toll..) und Fabians Fluege gebucht. Tja, und dann musste der Herr sich betrinken, weil ihm ploetzlich klar wurde, wie bald es denn nach Hause geht. Und dann ist das mit der grosssen Freiheit vorbei und das wahre Leben faengt an... Er hatte ne Krise, ob es wirklich richtig ist, wegen seiner Freundin nach Hause zu gehen oder ob er nicht lieber noch 3 Monate in Brasilien am Strand rumhaengen sollte und das Leben geniessen. Ich hab ihm netterweise Gesellschaft geleistet und hab versucht ihm klar zu machen, dass alleine reisen und voellige Unabhaengigkeit auch nicht immer ein Zuckerschlecken sind und man sich da vielleicht manchmal auch ein wenig zuviel von verspricht. Im Endeffekt ging es ihm denn wieder ganz gut und ich durfte nach Hause :-). Mein Rhythmus ist echt schlecht, bin abends todmuede und morgens spaetestens um 6 Uhr wach.
Samstag waren wir Souvenirshoppen und abends mit ein paar Leuten aus Fabians Hostel bei einem Hardrockkonzert von "la Sarita". Echt Klasse, Rock mit Elementen aus der traditionellen Musik in den Anden und Salsa. War auch nett, mal wieder richtig wegzugehen, auch wenn wir danach in so einem Abschlepperclub gelandet sind, wo ich mich dann relativ schnell verzogen hab. Die Herren waren irgendwann alle relativ beschaeftigt und ich konnte nicht tanzen, ohne dass ich mich von irgendwelchen 18jaehrigen haesslichen Peruanern absetzen musste...
Sonntag bin ich nach 3 Stunden Schlaf wach gewesen, Maria hatte naemlich Besuch und die Maedels waren am Gackern... Wir haben dann aber nett gefruehstueckt und Frauengespraeche gefuehrt. Um halb vier hab ich gewagt Fabian zu wecken, wir wollten naemlich noch Schmuck kaufen, vor allem fuer seine Freundin. Ging dann auch relativ problemlos, schliesslich wusste ich was er wollte :-). Ja, und dann hab ich die Nacht mal wieder im Bus verbracht, diesmal in den Sueden Perus auf die "Gringo-Route".
Meine erste Station war Arequipa und das war echt die schlimmste Busfahrt bis jetzt, weil mir ab sieben Uhr morgens kotzuebel war... War echt froh als wir um 11 Uhr oder so da waren... Bin in ein Hostel gezogen, wo ich tatsaechlich komplett alleine war, was mich da auch nicht so gestoert hat, weil ich ein Zimmer fuer mich gut gebrauchen konnte. Trotzdem war es natuerlich erstmal ungewohnt wieder alleine zu reisen, auch wenn der verkaterte Fabian mich am Tag zuvor schon genervt hat. Der erste Tag ging dann auch damit drauf, mir eine Tour durch den Colca Canyon zu organisieren und danach hab ich mich festgesurft, weil ich rauskriegen wollte, wieviel Geld ich so in London verdienen werde... Leider auch kein Vermoegen...
Abends war ich gemaess meinem Rhythmus denn auch mal wieder frueh im Bett und hab tatsaechlich das erste Erdbeben meines Lebens einfach nicht mitgekriegt. Und es war sogar so bei 3 auf der Richterskala... In Arequipa rumpelt es andauernd, ich habe spaeter tatsaechlich noch 2 Beben gespuert und es ist schon ein komisches Gefuehl, weil man sich so hilflos fuehlt. Grosse Beben gibt es so ca. alle 40 Jahre, das letzte war 2001. Offiziell war es 7,5 auf der Richterskala, obwohl die Einheimischen meinen, dass es 8,5 war: ab 8 muss die Regierung Hilfeleistungen schicken. 20% der Stadt wurden zerstoert, unter anderen ist auch ein Turm der Kathedrale eingekracht, den die Unesco aber wieder aufgebaut hat. Sowieso habe ich sehr bald mitgekriegt, dass die Arequipeños sich keineswegs als Peruaner fuehlen, sondern eher ein Voelkchen fuer sich sind. "Die weisse Stadt" hiess sie urspruenglich, weil es die hellere peruanische Oberschicht wegen des tollen Klimas hierher zog, heute behauptet man, das sei wegen der vielen Gebaeuden aus dem typischen weissen Kalkstein der Gegend. Arequipa ist eine der wenigen Regionen Perus, die seit Jahren eine stabile lokale Regierung hat - man ist stolz darauf, dass man mit dem peruanischen politischen Sumpf nichts zu tun hat. Aber das spiegelt vielleicht die Verhaeltnisse hier ganz gut wieder :-)
Am naechsten Tag war ich gemaess meines Rhythmus wieder frueh auf und hab erstmal Sightseeing gemacht - ein altes Kloster (wo auch heute noch kontemplative Nonnen leben, die ihre Familie immer noch nur einmal im Monat durch ein Holzgitter sehen duerfen - die juengste Nonne ist 18!). Katholiken sind schon ein komisches Voelkchen :-). Dann die Kathedrale und eine Jesuitenkirche und dann war ich erstmal Crepes essen. Dabei hab ich dann eine Englaenderin namens Vicky kennengelernt, die seit einem halben Jahr unterwegs ist und dafuer ihren Job hingeschmissen hat. Wir haben beschlossen, die Tour durch den Colca Canyon gemeinsam zu machen und haben uns abends zum buchen und Straussensteak essen verabredet.

Nachmittags hatte ich naemlich schon was vor, ich war Whitewater-Rafting. Es war lustig, vor allem weil ich schon am Anfang gefragt hatte, wie oft denn so Menschen ins Wasser fallen (passiert wohl sehr selten) und unser Guide das so interpretiert hat, dass ich das wohl gerne wollte... Also ist komischerweise immer meine Seite des Bootes zuerst in die Strudel gefahren... Wasser war eisig (bei ueber 2000 Metern ist das halt so) und leider war das Rafting nicht ganz wild genug: die Strudel waren 1-3 stark, es gab nur eine 4er und da mussten wir nebenher laufen - ist wohl mal jemand gestorben, seitdem fahren sie da nicht mehr. Na ja, vielleicht kriege ich in Cusco nochmal die Gelegenheit mit bisschen mehr Power :-) Tja, und dann ging es ja auch schon auf den Trek - aber das ist eine andere Geschichte.

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