Mittwoch, September 20, 2006

 

Eine Flussfahrt die ist lustig

So, und jetzt bin ich tatsaechlich wieder richtig in der Zivilisation, so mit warmen Duschen und allem drum und dran.
Wir haben die Dschungelstadt Iquitos also vor einer guten Woche verlassen, nachdem wir noch einen Tag richtig Stress hatten, weil wir ja unsere Reisevorbereitungen treffen mussten. Z.B. ganz tolle Haengematten kaufen (dafuer waren wir in ziemlich vielen Geschaeften), Fabians Hose naehen und meinen MP3-Player von einem Uhrmacher reparieren lassen. Nachmittags hatten wir auch noch die tolle Idee eine Kuehlbox aus Styropor, Eis und die dazugehoerigen Inhalte zu besorgen und dann war das zeitlich auch schon alles hoechst knapp...
Wir waren beide froh, als wir unsere Haengematten auf dem uebervollen Boot aufgehaengt hatten (bzw. der arme Fabian das gemacht hat und sich von 3 Leuten volllabern lassen musste). Der Platz war eigentlich nicht schlecht, bis auf dass ein Baby neben mir geschlafen hat und sich dann noch ein Ekelperuaner neben mich gedraengt hat. Und man schlaeft nun wirklich nicht gerne Arsch an Arsch mit jemandem, den man schon von weitem eklig findet... Es war ausserdem ziemlich warm und wir waren einfach nur froh, als wir das erste Bier aufgemacht hatten. Die Bootsfahrt war natuerlich sehr entspannt. Drei Tage nur durch den Regenwald und einfach rein gar nix zu tun... Wie viele Stunden am Stueck kann man wohl in einer Haengematte liegen??? Leider gab es aber ausser dem Ekelperuaner noch ein paar Probleme: wir hatten zwar genuegend Alkohol dabei und der war auch nach 3 Tagen noch kalt, aber zu Essen hatten wir nix mit, schliesslich gibt es ueberall Verkaeufer, die auf´s Boot kommen. Leider haben wir da unterschaetzt, dass wir 3 Tage mehr oder weniger durch einen Nationalpark fuhren und nur an sehr wenigen Doerfern vorbeikamen. Da gab es dann vielleicht Reis mit Fisch im Palmenblatt, aber dass konnten wir beide nach dem Dschungeltrip nicht mehr sehen (schon gar nicht um 5 Uhr morgens). Waren froh, wenn wir mal Obst ergattern konnten. Auf dem Schiff gab es zwar auch Malzeiten, aber die waren etwas gleichfoermig: morgens sowas wie Wasserkakao mit nem trockenen Broetchen, mittags Reis und Nudeln mit Huhn, das an Deck vorher gerupft wurde (auf dem Boden im Dreck...) und abends Huehnersuppe. Ging zwar alles, aber lecker ist was anderes. Und ich hab in meinem Leben definitiv noch nie soviel Dreck gefressen wie in den letzten 2 Wochen. Ausserdem gab es kein Geschirr und wir hatten die ultimativen Tupperschalen leider nicht dabei, also mussten wir uns mit der Kuechencrew gut stellen, damit wir Teller gekriegt haben... Aber natuerlich haertet man ab und es macht einem irgendwie nix mehr aus. Genauso wie Klos ohne Klobrille und Spuelung und Klopapier im Papierkorb daneben und einer Wasserurinmischung auf dem Boden, weil ueber dem Klo auch eine Duschbrause hing. Oder braunes Wasser...
Anstrengend war die Hitze nachmittags, da hat man in seiner Haengematte im Liegen literweise geschwitzt, und der Tagesrhythmus der anderen Menschen: ab 8 Uhr abends schliefen fast alle und ab morgens um 4 Uhr herrschte High Life... (so ist das Foto denn auch ein Sonnenauf- und nicht etwa ein Sonnenuntergang).Na ja, da man ja aber den ganzen Tag rum lag, war wenig Schlaf nicht so das Problem. Wir haben viel geschnackt, ich hab mein Tagebuch aufgeholt, Musik gehoert und Sudoku gespielt. Die meisten Menschen um uns rum haben einfach 3 Tage lang gar nichts gemacht... Krass, wie die das ausgehalten haben. Vor allem auch die Kinder, keine Spielsachen und nix, aber trotzdem relativ wenig gequengelt. Hinter mir stand ein Pappkarton mit Kueken, die die ganze Zeit herzergreifend gefiept haben, spaeter haben wir auch mal nen Welpen und ne Schildkroete gesehen... Na ja, die Menschen sind es wohl einfach nicht anders gewoehnt, schliesslich haben sie zu Hause noch nicht mal ein Sofa... Und ausserdem lief zwischendurch ein Superunterhaltungsprogramm, abwechselnd Dance Floor und peruanische Folklore Videos. In einer Lautstaerke, dass man sich auch nicht mehr unterhalten konnte. Mittlerweile kriege ich regelmaessige Ohrwuermer von "rythm is a dancer" und kann das wundervolle Lied "te quiero" mitleiern... Hab ich Fabian auf der letzten Busfahrt bewiesen...
Na ja, man sieht schon, trotz Langeweile zwischendurch hatten wir im Endeffekt ne Menge Spass (besonders am letzten Abend, als der Alkohol weg musste) und waren jede Stunde fuer den Einfall mit der Kuehlbox dankbar. Und irgendwann war auch alles egal, wir waren da eh die Gringos, die von allen Seiten angestarrt wurden (umziehen war mir seltenst so unangenehm...).
Und was waren wir dann doch froh, als wir von dem Boot runterkonnten und zum Fruehstueck erstmal in irgendeinem Kaff einen Burger essen konnten! Der war dann ziemlich eklig (McDonalds gibt es in Peru leider nur in der Hauptstadt), aber besser als Huhn... Das Kaff war aber nicht toll, also haben wir ein neues oeffentliches Verkehrsmittel ausprobiert, um in die naechstgroessere Stadt Tarapoto zu kommen: Einen Pick-up. Man begibt sich einfach in die Strasse, wo "autos" abfahren, dann wird einem der Rucksack von drei jungen Maennern aus der Hand gerissen, die einen alle in ihren Pick-up ziehen wollen... Fabian hat dann beschlossen, dass er seine Maennlichkeit mal wieder unter Beweis stellen musste (dem armen Jungen wuchert demnaechst noch die Brust vor neuen Haaren zu, so ist sein Testosteronspiegel in letzter Zeit gestiegen...) und cool hinten im Stehen mitfuhr, fuer die 123km haben wir schliesslich auch nur 5,5 Stunden gebraucht... Im Endeffekt lagen die Jungs hinten auf irgendwelchen Fruechten etc. und es war fast gemuetlicher als in der Kabine, wo ich mich mit einem kleinen Maedchen angefreundet habe, das tatsaechlich die ganze Zeit brav auf dem Schoss seiner Oma sass... Faszinierend.
In Tarapoto sind wir dann erstmal in ein "Luxushotel" gezogen, das tatsaechlich ca. 7 Euro pro Person und Nacht gekostet hat und dafuer ein eigenes Bad im Zimmer, nen Fernseher und ne Klimaanlage hatte. Dann waren wir auch noch richtig gut Essen und haben sogar ein Erdinger bekommen - Himmel der Zivilisation! Man sollte die kleinen Dinge wirklich zu schaetzen wissen. Eigentlich wollten wir in Tarapoto raften gehen, aber da ja Trockenzeit ist, war uns das dann nicht aufregend genug und statt dessen haben wir uns tropische Wasserfaelle der Gegend angeguckt.
Unser gemieteter Tuktukfahrer meinte es denn auch sehr gut mit uns und hat uns erstmal noch Chirimoya vom Baum geholt, eine Frucht, die vom Fruchtfleisch wie eine Mischung aus Lychees und Pfirsichen schmeckt und so gross ist, dass uns am Ende fast schlecht war. Der Wasserfall (dessen Namen ich mir nie merken konnte und mittlerweile ganz vergessen habe) war denn auch sehr schoen. Vor allem hat Fabian wagemutig einen Cliffhanger probiert und damit dem kleinen dicken Jungen die Show gestohlen, der schon seit 15 Minuten am Wasserfall stand und von seinen Kumpels angefeuert wurde... Das coole Image hat er leider dann wieder versaut als er gequietscht hat wie ein Maedchen als ihn Kaulquappen angenagt haben...
Ich habe mich mehr damit beschaeftigt, die grossen blauen Schmetterlinge zu fotographieren, die es schon im Dschungel ueberall gab, aber die einfach zu schnell wegflattern. Ich glaube, dass das die groessten Schmetterlinge der Welt sind, so Handteller-gross und wirklich huebsch. Dieses Foto ist das Beste, das wir machen konnten, nicht so berauschend...
Abends ist dann auch mit mir nicht soviel losgewesen, der Schlafrhythmus vom Boot ist bei mir immer noch drin und ab 10 Uhr kriegt man mich nicht mehr wach... Am naechsten Tag mussten wir zunaechst mal Geld und unsere Weiterfahrt organisieren, was sich ziemlich hingezogen hat und dann wollten wir nach Lamas, angeblich eine deutsche Enklave... Deutsche haben wir da nicht gefunden, keine Ahnung wo die Enklave genau war, hatte darueber sogar schon ne Dokumentation gesehen. Dafuer waren wir dann bei einem kleineren Wasserfall. Auf dem Weg dahin haben wir uns erstmal verlaufen und sind schwitzend durch irgendwelche Bananenplantagen, daher war ich einfach nur froh, als wir ihn gefunden hatten und baden gehen konnten.
Soviel Zeit blieb dann aber auch gar nicht, schliesslich mussten wir nachmittags unseren Bus kriegen. Hatten uns morgens nach langem Hin und Her dazu entschieden, auf dem Weg zur Kueste in einem Kaff namens Pedro Ruiz halt zu machen. Nicht nach Cajamarca (wo Atahualpa gefangen wurde) oder zur Festung Kuelap, sondern auf Empfehlung unseres Guides in Tarapoto (der im Baum) haben wir beschlossen, von den normalen Touristensachen mal etwas weg zu kommen und von Pedro Ruiz zu dem Wasserfall "Cataratas de Gocta" zu wandern. Das ist mit 680m naemlich der dritthoechste Wasserfall der Welt und der wurde erst letztes Jahr von einem Deutschen entdeckt. Na ja, entdeckt ist gut: so wie auf dem Foto sieht man ihn fast von der Strasse aus, auf jedem Fall auch vom dichtesten Dorf. Unser Guide hat uns aber erklaert, dass sich niemand die Muehe gemacht hat, da mal hinzulaufen. Ist schliesslich auch so 2,5 Stunden durch den Dschungel und als es da noch keinen Weg gab war das bestimmt kein Zuckerschlecken. Na ja, ist es jetzt auch noch nicht...
Aber von vorne: nachts um 11 Uhr kamen wir nach herzerfrischender Busfahrt (nur 6 Stunden, das sitzt man ja nun mittlerweile auf einer Arschbacke ab) mit vielen interessanten Reportagen und noch besserer peruanischer Folklore in dem Kaff an. Es gab genau 2 Hotels, wir wollten in das, das der Guide empfohlen hatte und sind erstmal prompt mit Rucksaecken dran vorbeigelaufen. Im Endeffekt haben wir es aber gefunden, den netten Opa aus dem Bett geklopft und waren bald in unserem 2,5 Euro pro Nacht und Person Zimmer. O-Ton Fabian: "Willkommen in meiner Preisklasse". Ich mag Kloduschen...
Nun ja, am naechsten Morgen hab ich ab 8 Uhr Stress geschoben, schliesslich soll man in den Bergen lieber zeitig los... Haben uns dann allerdings so lange mit dem Internet und Aendern eines meiner Bustickets aufgehalten, dass wir doch erst um 12 Uhr loskamen. Wir konnten nicht ganz bis zum dichtesten Dorf fahren, weil es da Arbeiten auf der Strasse gab und es einfach mal nen Graben gab... Also die erste halbe Stunde laufen, dann nen Guide suchen und dann los. Insgesamt haben wir fuer den Weg nur 4 Stunden gebraucht, aber das Tempo war fuer mich eindeutig zu schnell, so dass mein Verzweiflungsniveau relativ hoch war. Es ging immer nur bergauf und -ab. Bei bergauf haben mein Puls und meine Atmung mir echte Probleme gemacht, bergab ist man im Matsch dauernd ausgerutscht. Fabian war morgens zu faul seine Wanderschuhe aus dem Rucksack zu kramen und war in Flipflops unterwegs, was er ziemlich bereut hat (so dass ich immer Kommentare wie: "hab ich dir doch gesagt" einwerfen konnte). Das Lianenschwingen hat das vielleicht etwas wieder gut gemacht... Aber: der Wasserfall war es echt wert. Ich hoffe, man bekommt irgendeine Vorstellung davon, wie gross er war, wenn man auf dem einen Foto den kleinen Fabian davor sieht... Ich schaetze, das war bis jetzt der imposanteste Wasserfall, den ich gesehen habe.
Man konnte 100 Meter weit weg stehen und wurde trotzdem klitschnass... Und dann haben wir auch noch den Gallito de Roca, den typischen Vogel von Peru gesehen. Der ist total selten (wie ich auf der Reportage im Bus gelernt habe) und ich war richtig froh. Wenn schon sonst keine spannenden Dschungeltiere, wenigstens das Voegelchen.
Zurueck war noch schlimmer, vor allem weil wir uns so beeilen mussten weil es ja dunkel wurde. Wir haben noch alle anderen Touristen ueberholt und waren total fertig, als wir im Dorf ankamen. Habe mich auf dem Rueckweg noch ganz nett mit dem Guide unterhalten. Aber die Menschen sind wirklich ein anderer Schlag. Vielleicht kann man das am Besten mit einer Frage von ihm zusammenfassen: was mein Vater denn so aussaeen wuerde. Die Vorstellung, dass mein Vater nur Kekse baeckt und gar kein Land bestellt war dem Jungen voellig fremd...Eigentlich waren wir mit dem Taxi um halb sechs verabredet, aber netterweise hat der Typ bis 7 Uhr auf uns gewartet und ist dann noch mit uns Busticket kaufen gegangen. Nett sind die Peruaner, daran gibt es keinen Zweifel.
Dann haben wir im Hotel mir eiskalten Duschen den groebsten Matsch abgewaschen, sind noch ein zuenftiges peruanisches 1-Euro-Menue Essen gegangen und ich war einfach nur froh, als ich im Bus war. Bin schon im Terminal eingeschlafen... Aber Fabian hatte Muskelkater, ich nicht! Trotzdem: selten so gut im Bus geschlafen. Mehr dann demnaechst.

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