Freitag, August 04, 2006

 

Reiseunterbrechung und neues Zuhause


Jetzt habe ich mal ungewoehnlich lange nicht geschrieben und das hatte im Wesentlichen 2 Gruende: in Santiago ist eigentlich nicht sooo viel passiert und diese Woche in Lima war ich unglaublich beschaeftigt. Man koennte fast sagen ich haette Stress... Na ja, jedenfalls fuer meine Verhaeltnisse.
Also, Skifahren hab ich nicht geschafft (war auch teuer), dafuer aber ne Weintour. Vielleicht kennt einer von euch den chilenischen Wein Casillero del Diabolo? Oder in einer etwas anderen Preisklasse Don Melchior? Fange langsam an, trockenere Weine zu moegen und man muss sagen, dass Weintouren echt Klasse sind. Irgendwie hat das einfach Stil und ist so klassisch. Irgendwann muss ich das mal am Rhein lang machen... Nun ja, Fabian und ich waren mit dem Amerikaner weg, der uns schonmal betrunken gemacht hatte und einer ganz lieben Brasilianerin, die, man hoere und staune, keinen Strand mag, ach ja, und einer Deutschen, die allerdings nur einen Tag hatte, bevor sie angefangen hat in Concepcion zu unterrichten. Na ja, ich lasse mal die Fotos fuer sich sprechen, wir hatten Spass, haben danach stilvoll in einer Sushi-Bar weitergetrunken und ich hab die Chance genutzt als Fabian ins Bett gegangen ist, auch zu verschwinden (der Junge kann GAR keinen Wein ab, war sehr lustig fuer uns andere...).
Ansonsten habe ich allerdings nicht mehr sooo viel gemacht. Museen angeguckt und Parks, hab versucht Fabian fuer Kunst zu begeistern, aber da wir im modernen Museum und in dem fuer fruehe einheimische Kunst waren, ist mir das nicht gelungen... Zwischendurch war ich noch relativ down, vor allem weil ich in einem Park mit jeder Menge knutschender Teenie-Paearchen gelandet bin und weil zwischendurch schlechtes Wetter war und ich nur noch darauf gewartet habe, nach Lima zu fliegen. Die anderen sind auch alle eher abgereist als ich.
Immerhin habe ich mich an meinem letzten Tag aufgerafft und bin nach Viña del Mar gefahren, einer Stadt ca. 2 Stunden von Santiago am Strand. So schoen wurde mir von allen Seiten erzaehlt. Ja, war auch nett, Shopping, Restaurants, nette Haeuschen, nur den Strand haben sie leider mit haesslichen Apartmentblocks zugebaut... Richtig richtig schlimm. Und in den Vororten sah man, dass die Menschen in Chile doch nicht soviel Geld haben... Dafuer habe ich mir aber den Sonnenuntergang angeguckt und ein Seeloewe ist vorbeigeschwommen. Stelle mal ein paar Fotos ein, um euch erstens neidisch zu machen (aber ihr habt ja Sommer und hier ist es kalt...) und zweitens mal zu zeigen, was meine Kamera alles kann... Sehr guter Kauf... Und ich habe in einem motivierten Moment die gesamte Beschreibung gelesen... Leider hab ich den Strand zu frueh verlassen und den besten Part nur noch aus der Ferne fotographiert, weil ich mich statt dessen am Telefon mit Ryan anzicken musste... Ja ja, die long-distance-relationships, nicht immer einfach..
Egal, anyway, nachts um 3 Uhr musste ich aufstehen, um nach Lima zu fliegen. Montag war der Frusttag schlechthin. Erstmal war ich halt unausgeschlafen und mitten in der Nacht am Flughafen sitzen macht keinen Spass, manchmal helfen auch gute Buecher nicht. Ausserdem bin ich nach meinen Shopping-Attacken total ueberladen, was das Reisen eher anstrengend macht. In Lima war erstmal alles doof. Keine Touristinformation am Airport (bzw. hinter den Securitysperren fuer die abfliegenden Menschen, welcher Idiot hat sich das ausgedacht?), also keine Strassenkarte. Kein Handyladen, also ein Kampf mit den oeffentlichen Telefonen um ein Hostel zu finden. Mein auserwaehltes Hostel konnte mir noch nicht sagen, ob sie ein Bett haben wuerden. Dann hab wurde mir auch noch mein mangelhaftes Spanisch bewusst, als ich zum Fruehstueck ein fetttriefendes Croissant mit Kaese essen musste... Bah. Und dann gab es ploetzlich kein Flughafenshuttle mehr und ich musste ein Taxi nehmen, was mir gar nicht gepasst hat (Taxis sind gefaehrlich, besonders wenn man seine gesamten Besitztuemer bei sich hat). Zum Glueck konnte ich dann in dem Hostel bleiben, aber es war die absolute Bruchbude und ich hatte noch nie so eine schlechte Matratze. Dann bin ich etwas in Miraflores rumgerannt, einem relativ reichen Meerstadtteil von Lima. Man laeuft am Meer im Wesentlichen auf Klippen entlang mit netten Parks drauf (bisschen wie der von Gaudi in Barcelona) und kann unten die Autos, den Kiesstrand (oder teilweise auch richtiger Bauschutt) und die verrueckten Surfer sehen, die hier ruecksichtslos uebereinander drueber surfen. Bis auf den Strand ist Miraflores aber sehr schoen. Hab mir ein Handy organisiert und nen Stadtplan und da fuehlte ich mich schon besser...
Dann bin ich allerdings mit Taxi zum Buero der Uno gefahren. Alle Menschen fahren hier ueberall hin mit Taxi, weil man bei den Bussen immer nicht so genau weiss, ob man lebend ankommt. Na ja, bei den Taxis auch nicht. Die Busse sind wie die Minibusse in Suedafrika, alle Menschen huepfen ueberall rein und raus (am besten Omas waehrend der Fahrt, so bleibt man fit...) und die Busfahrer haben die Angewohnheit, zu beschleunigen, wenn sie Fussgaenger auf Zebrastreifen sehen. Fahrstil hier ist allgemein sehr ruecksichtslos, man draengelt sich halt ueberall dazwischen und statt Vorfahrt zu gewaehren hupt man, damit jeder weiss, dass man mit Affentempo an einer Querstrasse vorbeirast. Das ist eine der wenigen Sachen, die mir hier nicht gefallen. Und dass man beim Taxi immer die Nummernschilder, den Ausweis und die Rueckbank checken muss (falls sich da wer versteckt), weil die meisten Taxis sich einfach nur so ein Schild besorgt haben und inoffiziell taetig sind. Und die rauben einen dann halt mal aus oder entfuehren einen. Aber jetzt kenn ich ja die Tricks und ausserdem wurde mir von einer Amerikanerin die Karte des Taxifahrers ihres Vertrauens gegeben, den ich jetzt Tag und Nacht anrufen kann.
Mehr zu Lima spaeter, zurueck zu meinem ersten Tag. Im Buero wusste die Sekretaerin Maria Teresa erstmal nix mit mir anzufangen und mein Kontakt Jochen hatte nicht wirklich Zeit. Am Dienstag ist er fuer eine Woche auf Geschaeftsreise gefahren, daher war das meine einzige Chance ihn zu sehen und ich wollte auf keinen Fall erstmal ne Woche rumhaengen. Also hab ich einfach mal ne gute Stunde gewartet und dann hat er allerdings auch relativ ausfuehrlich mit mir unterhalten und mir die Projekte erklaert (das werde ich an anderer Stelle ausfuehren..). Im Endeffekt sollte ich die erste Woche mit Goyo dem BWLer verbringen und fuer ihn Cash Flow Kalkulationen machen. Goyo ist ein relativ farbloser Peruaner, der kein Wort Englisch spricht, daher war es sehr anstrengend zu verstehen, was fuer Rentabilitaetskennzahlen ich fuer ihn ausrechnen sollte. Und nicht, dass ich von sowas besonders viel Ahnung haette, selbst wenn ich keine Sprachprobleme haette... Montag Abend war ich auf jeden Fall regelrecht verzweifelt und hab mich verflucht, wie ich denn ueberhaupt jemals so eine "romantische" Idee mit die Welt verbessern durch meinen freiwilligen Beitrag haben konnte. Im Endeffekt relativ schwachsinnig, wenn man die Sprache nicht spricht und eigentlich fuer sowas auch komplett unqualifiziert ist. Nachdem ich dann auch noch mutterseelenallein bei einem ekelhaften Chinesen gegessen hatte, war mein Tag komplett. Eigentlich hatte ich schon morgens am Flughafen ueberlegt, ob ich nicht einfach direkt nach Sao Paulo weiterfliegen sollte.
So, und seitdem ist alles wieder besser geworden. Goyo war sehr nett und hat mir am Dienstag erstmal den kompletten Tag sehr geduldig alles erklaert (auch wenn ich definitiv mit ihm nix gemein habe...). Und die Projekte sind schon sehr aufregend. Aber dazu wie gesagt spaeter. Ausserdem habe ich Dienstag den Entschluss gefasst, die Dinge in die Hand zu nehmen, hab andere Hostels angeguckt und Fitnessstudios gesucht. Ausserdem war ich einigermassen ausgeschlafen, das hilft auch.
Mittwoch bin ich dann aus meinem Hostel ausgezogen und zu der Zeit hatte mich Maria Teresa unter ihre Fittiche genommen. Sie hat eine Tochter in meinem Alter (die in den USA lebt) und hat eine sehr muetterliche Ader. Sie nimmt mich jetzt mit zur Arbeit, hat mich bei ihrer Freundin Maria Eugenia untergebracht, war mit mir peruanisches Huehnchen und Fisch Essen, hat mich allen Menschen im Buero vorgestellt und mich peruanischen Alkohol trinken lassen (Pisco) und ein Getraenk aus lila Mais (kein Witz, gibt es hier echt). Da sie nicht kochen kann, hat sie mich fuer Sonntag zu ihrer Schwester eingeladen.. Ausserdem soll ich glaube ich ihren Neffen kennenlernen... Nun ja, sehr suess. Ach ja, und gestern waren wir in einem klassischen Konzert, was total Klasse und umsonst war. Dachte nicht, dass ich sowas ueber ein klassisches Konzert mal sagen wuerde...
Maria Eugenia hat zwei Soehne und der eine ist in meinem Alter und gerade in Suedkorea, daher hab ich sein Zimmer. Musste ich natuerlich auch unbedingt kennenlernen, wenn auch nur per Chat. Ist schon nett, wenn sich jemand um einen kuemmert. Und ich hab ueberhaupt nicht gemerkt, wie sehr ich die kleinen Sachen vermisse: ich habe einen Schrank, einen Foehn und ein eingenes Badezimmer, kann Lebensmittel einkaufen, die Waschmaschine benutzen, das Appartment hat Meerblick... Und Maria Eugenia ist total nett und ebenfalls sehr muetterlich, z.B. macht sie mir morgens frischen Saft... Heute hab ich mal wieder die Reisekrankheit und meinem Magen geht es gar nicht gut, also liege ich hier in ihrem Bett, mir wird Tee gebracht und wir ueben Spanisch (ich muss Spanisch sprechen und sie Deutsch und Vokabelfragen klaeren wir auf Englisch...). War etwas skeptisch, was das Zusammenleben angeht (wegen der Freiheit und so), aber ich glaube, hier laesst es sich gut aushalten. Ausserdem habe ich mittlerweile eine Spanischlehrerin und ein Fitnessstudio. Morgen werde ich mich dann mal aus den reichen Vororten herausbegeben und mir das Zentrum angucken.
Das Einzige, was mir so gar nicht passt, ist die Arbeit. Im Endeffekt habe ich das Excel-Dokument mittlerweile 3mal geschrieben, bis ich verstanden habe, was ich eigentlich machen sollte (und am Anfang war Goyo auch etwas zu ungenau finde ich, ich glaube, das hat er auch gemerkt...). Und dann sitze ich am alleraeltesten Computer (haette meinen Laptop mitbringen sollen...), der nur ab und zu mal Internet hat und keinen funktionierenden USB-Anschluss. D.h. Vokabeln nachgucken und Dokumente hin und herschicken gestaltet sich als einzige Qual und ich verschwende wahnsinnig viel Zeit. Das koennte ich echt schneller von Deutschland aus. Und die Welt rette ich so leider auch nicht, sondern im Wesentlichen ging es diese Woche nur um ein kleines Tabellchen fuer einen Bericht ueber ein Projekt... Bisschen traurig. Ich glaube allerdings, dass das besser wird und am Montag kommt auch die Dame wieder, die fuer "Bildung" da zustaendig ist und mein Spanisch wird taeglich besser, vielleicht kann ich also bald mit Kindern arbeiten. Fuer mich glaube ich besser als Landwirtschaft, auch wenn ich schon ne Menge landwirtschaftliches und geologisches Vokabular gelernt habe... Mal sehen, wie sich das entwickelt. Bekomme allerdings auch wieder Lust zu reisen, wenigstens Peru muss ich ja mal sehen. Und eine amerikanische Praktikantin hat mich heute gefragt, ob ich nicht mit ihr nach Cusco fliegen will... Mal sehen, muss mal meinen Reisefuehrer lesen.
So, werde jetzt mal meinen Magen weich betten gehen und verschiebe meine ersten Eindruecke von Lima auf Morgen (bis auf die gefaehrlichen Bus- und Taxifahrer...). Und sollte wohl Fotos machen... ¡Abrazos fuertes a todos!

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