Donnerstag, Juli 20, 2006

 

Fleissig in Buenos Aires


Hola, que tal? Langsam geht meine Zeit in Buenos Aires zu Ende und ich bin ganz froh darueber, weil mich 4 Stunden Spanisch pro Tag einfach zu sehr schlauchen. Sind jetzt die Grammatik von 1,5 Jahren durchgegangen und ich komm mit dem Vokabeln lernen einfach nicht mehr hinterher. Aber meine Lehrerin ist Klasse und ich mache definitiv auch Fortschritte... Auch wenn ich in "privaten" Konversationen immer noch so bald wie moeglich auf Englisch oder sogar auf Franzoesisch wechsel, weil das alles auf Spanisch einfach noch viel zu lange dauert...
Ausserdem macht der Unterricht mein Sozialleben ziemlich unmoeglich. Mittlerweile habe ich mein Hostel gewechselt und es ist wirklich nett da, auch wenn definitiv zu viele Brasilianer und Amerikaner da rum laufen. Und die sind meistens vor allem zum Party machen hier muss man sagen. Na ja, und dann geht man halt so um 11 Uhr abends Essen und dann so ab 2 Uhr weg... Nix, wenn man um 8 Uhr wieder aufstehen muss. Und sowas wie einen routinierten Tagesablauf bin ich halt auch einfach nicht mehr gewohnt. Nachmittags versuche ich dann moeglichst viel von Buenos Aires zu sehen. So war ich zum Beispiel in der Casa Rosada, dem Haus der Presidenten (mit dem Evita-Balkon...), wo ich eine spanische Tour machen musste (nur Argentinier um mich rum...), aber einen Austauschschueler kennengelernt habe (inklusive seiner Eltern), der gerade seit 2 Tagen aus Hannover wieder da war, total gluecklich war mir alles auf Deutsch zu erklaeren und am liebsten sofort wieder nach Deutschland wollte (weil er da "wirkliche" Freunde hatte, hier sind die Menschen ihm zufolge etwas oberflaechlicher). Ich hab dann gute Tipps gegeben wie: Ein Austauschjahr ohne Verpflichtungen darf man leider nicht mit der Realitaet verwechseln... Ueberhaupt muss ich sagen, dass viele meine Konversationen in letzter Zeit aus guten Ratschlaegen meinerseits bestehen. Z.B. eine kleine Brasilianerin aus meinem Zimmer, die wegen Liebeskummer allein in den Urlaub gefahren ist und alles versucht hat, um soviel Spass wie noch nie zu haben oder einen 32jaehrigen schwulen Brasilianer, der in einen guten Freund und Reisegefaehrten verliebt ist und sich noch nicht geoutet hat, weil das in Brasilien (wenigstens in Brasilia) wohl nicht so einfach ist. Machismo. Also kann ich wohl kaum sagen, dass ich keine Leute kennenlerne, auch wenn ich mich noch standhaft gegen weggehen wehre. Ich muss aber sagen, dass mir die Gespraeche selbst nicht soviel bringen. Natuerlich geb ich immer sehr gern meinen Senf dazu (das wissen ja alle, die mich nur etwas kennen), aber wenn ich "mein Leben" erzaehle ist der Kommentar meist: was machst du hier, sieh zu, dass du nach Hause kommst. Hm, nicht so hilfreich. Ein anderer Brasilianer hat mich sogar die verrueckteste Person genannt, die er kennt. Ich weiss noch nicht so genau, ob ich das als Kompliment nehmen soll...
Nun ja, man merkt vielleicht, dass ich immer noch sehr mit mir selbst und meinen eigenen Gedanken beschaeftigt bin, auch wenn ich eigentlich genug Ablenkung habe. Ich weiss nicht, ob dieser generelle Unwille, mich auf neue Leute einzulassen und weggehtechnisch wieder aktiver zu werden, hauptsaechlich was mit meiner Reisemuedigkeit oder eher was mit Ryan zu tun hat. Es ist leider so, dass ich einerseits beim Reisen jawohl komplett zufrieden sein sollte (besonders wenn ich an das viele Geld denke, was das hier alles kostet), aber sich diese Zufriedenheit unter den gegebenen Umstaenden einfach nicht einstellen wird. Aber schliesslich wollte ich schon IMMER (jedenfalls seit ich ungefaehr 10 war) freiwillig in Suedamerika arbeiten und die Chance ergibt sich wohl nur einmal im Leben. Daher bin ich gespannt, wie es in Lima wird und ob ich mich mit etwas mehr taeglicher Routine wieder besser fuehle. Nee, das hoert sich jetzt an als wuerde es mir wirklich schlecht gehen: natuerlich nicht, tue mir gerade etwas selbst leid. Mein schwerwiegendstes Problem ist schliesslich gerade, ob ich mir wohl eine rote Lederjacke kaufen soll oder lieber nicht. Tja, also nicht soooo schrecklich... Ach ja, die Hausaufgaben stressen natuerlich ganz schrecklich :-)
Noch etwas zu Buenos Aires: es gibt wahnsinnig tolle Maerkte (mit wieder einmal sehr vielen Ohrringen und Schmuck an sich), viele Lederwaren und Steaks. Und fuer Touristen haben Wirtschaftskrisen halt immer auch was Gutes... Die Argentinier halte ich uebrigens fuer viel disziplinierter als man im allgemeinen annimmt, z.B. stehen selbst die Englaender nicht so brav Schlange fuer einen Bus wie die Leute hier. Sehr geduldig, nur ans Steuer sollte man sie halt nicht lassen. Man merkt aber, dass die Wirtschaft instabil ist und die Argentinier die Schnauze von der Unzuverlaessigkeit ihrer Waehrung etc. ziemlich voll haben. Wozu sparen, geht ja eh alles irgendwann wieder den Bach runter. Das macht das Leben natuerlich anstrengend. In Buenos Aires sieht man eigentlich kaum Armut (jedenfalls nicht im Zentrum), aber abends werden ueberall die Muellsaecke auseinander genommen, weil aermere Menschen nach recyclebaren Materialien suchen. Das ist natuerlich nicht schoen, spart aber den gruenen Punkt (sorry fuer den Zynismus hier).
Die Fotos kommen vom Plaza de Mayo, wo das Haus des Praesidenten ist, aus dem Theater Colon mit einer der besten Akustiken der Welt (aber im Moment leider nur Ballett, sowas auch...) und aus La Boca, einerseits ein armes Viertel, andererseits ist die Kunstszene (und heute vor allem die Souvenirlaeden) eine Touristenattraktion und Maradona hat da Fussball gespielt... Damit lasse ich es dann mal fuer heute gut sein und vertroeste euch auf das naechste Mal, wenn ich mir definitiv nicht mehr so selbst leid tue... :-)

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