Donnerstag, April 06, 2006

 

Perth – die isolierteste Stadt der Welt

Es ist immer wieder sehr traurig, Sydney zu verlassen – vor allem daher, weil es dann gerade am besten ist. Nachdem mir ja etwas einsam zu Mute war und ich am Sonntag auf einem italienischen Festival war, wo ich wirklich dringend jemanden gebraucht haette, um ueber die ganzen Pseudoitaliener mit ihren riesigen Gucci-Sonnenbrillen zu laestern und um den ganzen Nachmittag Eis zu essen und Kaffee zu trinken, habe ich Montag dann endlich einen Anruf von Majid bekommen. Majid ist ein 42jaehriger Ex-Iraner (politischer Fluechtling in den 80ern, seit 15 Jahren in Australien), mit dem ich waehrend meiner Armidale Zeit mal zusammen gewohnt habe. Damals hat er seinen Doktor gemacht und ich hab ueber die Uni auch tatsaechlich seine e-mail Adresse rausgekriegt. Mittlerweile wohnt er in Sydney und hat mich dann spontan fuer Montag Abend auch eingeladen. Tagsueber habe ich dann auch nix mehr gemacht, ausser meinen neuen Flug zu buchen (ich fliege am 15. Juni nach London und bin dann vom 29. Juni bis 11. Juli in Deutschland, puenktlich zur WM...), was sich als seeehr kompliziert herausgestellt hat (das wird bestimmt Klasse: Auckland-Santiago-Buenos Aires-Madrid-London, Reisezeit ca. 42 Stunden...) und zum Frisoer zu gehen (bin wieder etwas blond).
Majid wohnt in einem Vorort (wie alle Menschen), ca. 45 Minuten oder 60km vom Zentrum entfernt und hat erstmal vernuenftig fuer mich gekocht und dann haben wir uns stundenlang ueber Gott und die Welt unterhalten (Hauptthema: Religion und Beziehungen, wie koennte es anders sein), besonders weil Majid wieder heiraten will und tatsaechlich auch nochmal Kinder haben (obwohl er schon einen 10jaehrigen Sohn hat), aber die Eltern seiner Freundin dagegen sind. Alles nicht so einfach. Ach ja, und gesoffen haben wir auch, der gute Majid ist naemlich mittlerweile kein Muslim mehr. Im Endeffekt musste ich da spontan uebernachten und konnte morgens ab 6 Uhr nicht mehr schlafen, weil mir so schlecht war...
Am naechsten Morgen bin ich dann erstmal in meinem YHA in den Dachpool gesprungen, um mich wenigstens einigermassen nuechtern zu fuehlen und danach war ich shoppen, um meinen Rucksack wieder voll zu machen und an die 20kg Grenze zu bringen. Es war auch noch Sommerschlussverkauf und jetzt habe ich endlich auch „afrikanische“ Roecke und Safarihosen und kann endlich vom Coolnessfaktor mit anderen Backpackern mithalten... Jetzt muss ich mir nur ueberlegen, was ich wegschmeissen moechte... Abends hab ich dann zur Belustigung aller anderen Touristen Nachtfotos von der Oper usw. gemacht, wobei ich mich mit meinem kleinen Ministativ elegant auf den Boden legen musste. Aber ich glaub, die Fotos waren es wert. Danach war ich nochmal bei Majid, weil der darauf bestanden hat, dass ich iranischen Kebab (und das ist natuerlich das Original) probiere... War auch sehr lecker und an dem Abend habe ich auch die Finger vom Alkohol gelassen. Im Zug zurueck ist mir dann das dreisteste Paearchen aller Zeiten ueber den Weg gelaufen, aber darauf werde ich jetzt nicht weiter eingehen...
Mittwoch ging es dann auch schon weiter nach Perth, neue Zeitzone, neues Glueck. Perth ist eine sehr beschauliche Stadt und die erste australische Stadt mit Fussgaengerzone, die ich sehe. Sehr huebsch... Ich wohne in einem Viertel, wo es nur Restaurants und Kneipen gibt und alle Menschen sitzen immer draussen, weil Perth auch die Metropole mit dem meisten Sonnenschein ist... Ausser der Fussgaengerzone habe ich aber leider noch nicht so wirklich viel gesehen, weil ich den heutigen Tag damit verbracht habe, meine Weiterreise zu organisieren. Leider ist die Wegstrecke, die ich zuruecklegen will ca. 6000 km lang (und damit erledige ich dann nur die halbe Westkueste, mal wieder Zeitmangel). Autos mieten ist wahnsinnig teuer (vor allem braucht man eigentlich ein 4WD), da kann man lieber eins kaufen, aber dazu hab ich keine Zeit. Mitreisegelegenheiten sind ueberlaufen, also wird es wohl auf eine organisierte Tour hinauslaufen, aber davon gibt es tausende und ausserdem muss ich wohl von Broome nach Perth zurueckfliegen (3000km), das ist naemlich am guenstigsten. Reisen ist wirklich gar nicht so einfach. Das Backpacker hier ist dafuer sehr nett. Mein Cousin Stefan wohnt auch hier und es gibt eine ganze Clique von Deutschen, die hier alle jobben, aber zum Teil etwas seltsam sind... Sehr typisch deutsch... Aber immerhin ist immer was los und natuerlich sind einige auch sehr nett. Heute muss ich einfach dem 38jaehrigen Geologen aus dem Weg gehen, der nach Abi auf 2tem Bildungsweg und 12 Jahren Studium jetzt in Australien einen Job sucht und alles besser weiss (na ja, hat ja auch lange studiert und irgendwie alles mal gehoert, aber ich mag einfach ueber nem Glas Wein nicht ueber Korrelationskoeffizienten reden).. Ich hatte mich schon so gewundert, warum ich so mitleidige Blicke geerntet habe, als der sich neben mich setzte... Ich seh einfach zu nett aus!

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